Hippo-Alarm im Gemeindehaus

von | Nov 14, 2021 | 1. Mannschaft, 1. Mannschaft 2021/22

Seubelsdorfer Erste liefert sich episches Duell mit Nordhalben

Zu einem Heimspiel in der Schach-Bezirksoberliga begrüßte die erste Seubelsdorfer Mannschaft – jeweils mit Weiß an geraden Brettern – am 14. 11. 2021 die Gäste vom FC Nordhalben 1.

1 SV Seubelsdorf 1 DWZ FC Nordhalben 1 DWZ 5½ – 2½
1 1 Gegenfurtner, Jürgen 2294 1 Wunder, Horst 2054 1 – 0
2 3 Hofmann, Marko 1935 2 Wunder, Stefan 1965 1 – 0
3 4 Gebhardt, Christian 1851 3 Müller, Sven 1786 0 – 1
4 5 Voigt, Uwe, Prof. Dr. 1854 4 Burgemeister, Wolfgang 1922 ½ – ½
5 6 Wagner, Tizian 1715 6 Schultes, Dieter 1795 1 – 0
6 9 Focsa Lutz, Tudor 1433 7 Stumpf, Hilmar 1692 0 – 1
7 10 Drechsel, Hans-Jürgen 1541 8 Zimmermann, Frank 1819 1 – 0
8 13 Hofmann, Bojana 1402 9 Köstner, Tobias 1523 + – –
Schnitt: 1753 Schnitt: 1819  

Noch vor dem ersten Zug gab es gute und schlechte Neuigkeiten:
Dass Seubelsdorf aus Kapazitätsgründen in der Corona-Situation jüngst seine zweite Mannschaft zurückziehen musste, wurde allgemein bedauert.

Ungeteilte Bewunderung riefen die neuen, von Elvira Werner liebevoll gestalteten Tischnummern aus Holz hervor.

Ein krankheitsbedingt unbesetztes letztes Brett in der Nordhalbener Achtermannschaft, das Bojana Hofmann kampflos siegen ließ, und die Abwesenheit Seubelsdorfer Stammspieler ließen gemischte Gefühle aufkommen.

Jedenfalls war den Gastgebern klar, dass auch in „Überzahl“ ein schweres Match bevorstand: Das anhand der Wertungszahlen vielfach favorisierte Nordhalben gehört zum Urgestein der Bezirksoberliga und könnte sich auch in der Regionalliga etablieren, würde es nicht die dort anfallenden weiten Wege scheuen.

Seine Spieler bevorzugen bekanntlich das „Hippo-System“: sich wie ein Nilpferd im Fluss bedeckt halten, nur einige „Beinchen“ ins Zentrum ragen lassen, sich von der Seite her langsam entwickeln, aber alle mit Wucht anzugreifen, die es wagen, zu nahe zu kommen. Wer dagegen ungestüm oder unbedacht vorgeht, zieht leicht den Kürzeren. Im Gemeindehaus der Martin-Luther-Kirche Lichtenfels herrschte daher an vielen Brettern nach ordnungsgemäßer Desinfektion bald Hippo-Alarm.

Die ersten Entscheidungen fielen an den mittleren Brettern nach einer knappen Stunde. An Brett 4 erhielt Uwe Voigt von seinem Opponenten Wolfgang Burgemeister viel Zeit geschenkt, da dieser mit einem Springer eine eher mysteriöse als magische Tour unternahm, um im Zentrum Druck zu machen. Voigt wurde aber genau dort als erster aktiv und zuletzt war es Burgemeister, der Schwächen zu verwalten hatte. Weil ihm dies gelang, war ein Remis die logische Folge.

An Brett 3 bekämpfte Christian Gebhardt den Flankenaufbau von Sven Müller mit klassischem Figurenspiel, wobei sich die beiderseitigen Blessuren im Gleichgewicht hielten. Auch der Seubelsdorfer Mannschaftskapitän bot daraufhin eine Punkteteilung an, allerdings mit einem Zug, der infolge eines Fingerfehlers entscheidendes Material einbüßte.
Damit war den Gästen der Ausgleichstreffer geglückt.

Die Entwicklung an den hinteren Brettern ließ sie sogar hoffen, die Seubelsdorfer dagegen bangen: Tizian Wagner warf sich auf Brett 5 zwar am Königsflügel mit aller Macht nach vorne, nahm dabei aber geschwächte Felder hin, auf denen sein Gegenspieler Dieter Schultes bedrohliche Springer einquartierte. Wagners Initiative schien daraufhin zu verebben.

Während sich an Brett 6 Tudor Fosca Lutz mit Hilmar Stumpf einen typischen offenen Kampf auf zwei Flügeln lieferte, sah es zunächst so aus, als würde Hans-Jürgen Drechsel an Brett 7 überspielt: Frank Zimmermann gab gegen ihn eine Figur für zwei Bauern und nahm daraufhin eine oberflächlich betrachtet brettbeherrschende Stellung ein. Doch nun konterte Drechsel wie entfesselt und spielte die Partie seines Lebens: Er opferte seine Dame gegen einen Turm und eine Figur, um mit seinen bestens koordinierten Steinen über den im Zentrum gestrandeten feindlichen König herzufallen. Ein stiller Blockadezug erzwang die sofortige Kapitulation des Gegners.

In Richtung Glanzpartie entwickelte sich unterdessen auch das Spiel von Wagner: Er umging die lästigen „Monsterspringer“ einfach und brach mit Dame, Springer und Bauern so auf dem Königsflügel durch, dass jeder weitere Widerstand zwecklos wurde. Lutz hatte mittlerweile durch eine doppelte Springergabel zwar eine aussichtsreiche Stellung erlangt, ließ sich aber von Scheindrohungen gegen seinen König bluffen und doch noch überspielen.

Der Mannschaftskampf musste sich daher an den beiden vorderen Brettern entscheiden.
Hier agierten Jürgen Gegenfurtner an Brett 1 und auch der als vollblutiger Angriffsspieler bekannte Marko Hofmann an Brett 2 sehr abgeklärt, indem sie sich von zurückhaltendem Aufbau nicht provozieren ließen, sondern positionelle Nadelstiche austauschten und heimlich taktische Durchbrüche vorbereiteten. Auf unnachahmliche Weise brachte es Gegenfurtner dabei wieder einmal fertig, mit seiner Dame wie aus dem Nichts die gegnerische Königsstellung zu unterwandern. Dann brauchte es nur noch einen kleinen Bauernzug, um das undeckbare Matt Horst Wunders und damit nicht nur den persönlichen Sieg, sondern auch den Teamerfolg sicherzustellen. In eigener haarsträubender Zeitnot offenbarte Hofmann doch noch sein stürmisches Naturell und sprengte die Königsstellung von Stefan, dem zweiten Nordhalbener „Wunder-Bruder“. Dieser musste erst einen Springer, dann noch seine Dame und schließlich sich geschlagen geben.

Das epische Duell mit Nordhalben endete daher für Seubelsdorf 5,5 : 2,5; ein Endstand, der zeigt, dass die Gastgeber aus eigener Kraft gewinnen konnten und daher nach zwei Runden verdientermaßen alleine an der Spitze der Tabelle stehen.